Von
Autos und anderen Wracks
Charima Reinhardt
Die Schrottprämie
übertrifft alle Erwartungen. Wär das was für
abgewirtschaftete Regierungen?
Clevere Geschäftsleute kopieren sie bereits. Der Erfolg der Abwrackprämie für ältere Autos hat etwa einen Uhrenhersteller inspiriert, gegen Einsendung des alten Modells einen Preisnachlass auf das neue Exemplar zu gewähren. Kein Rabatt, nein, eine Prämie muss her. Auch wer dem geneigten Eigenheimerwerber verspricht, er bekomme keine Abwrack-, aber eine Aufbauprämie, hat gute Chancen, Gehör zu finden. Schon kommt das Modewort als öffentliches Bekenntnis daher: „Ich habe abgewrackt!“
Jetzt wird die Autoprämie Opfer Ihres Erfolgs – sie ist zu teuer. Gut so. Ein Szenario: Nach kurzem Boom bricht der Autoverkauf auf Jahre ein. Alle haben bereits neue Wagen. Viele haben sich verschuldet, müssen in der Folge Privatinsolvenz anmelden. Neue Möbel verstauben in den Lagern, weil kaum jemand sich mehrere teure Anschaffungen gleichzeitig leisten kann, Gebrauchtwagenhändler machen dicht, Werkstätten schließen. Reisebüros, Kinos, Boutiquen, Friseure gehen pleite, weil die Leute zu Hause bleiben, um zu sparen. Dier Wirtschaft versinkt immer tiefer in der Krise. Das war anders gedacht. Aber der Automobilindustrie geht´s vorläufig noch gut. Dank der Prämie. Ein grandioser Erfolg der Autolobby, eine der mächtigsten Deutschlands. Sie macht den anderen vor, wie es funktioniert: Einfach die Zahl der Beschäftigten kräftig aufbauschen und bei Problemen mit deren Entlassung drohen. Die Regierung, egal welche, kriegt das kalte Grausen und schon fließen die Millionen. Lerne: Wer am lautesten schreit, kriegt am meisten ab
Dabei waren die Lobbyisten noch bescheiden. Warum eigentlich keine nach dem Preis des Neuwagens gestaffelte Prämie? Je teurer die Anschaffung, desto höher der Zuschlag. Das hätte den Verkauf großer Wagen angekurbelt statt der kleineren, die seit einiger Zeit eh am besten laufen. Dann wären die Hersteller teurer Luxuskarossen wie Porsche, Daimler, BMW wenigstens ein bisschen entschädigt worden für die falsche unternehmerische Entscheidung, zu wenig sparsame Autos, sozusagen am Markt vorbei produziert zu haben.
Enorme Summen haben sie in ihre Werbeetats gesteckt für schöne Filmchen von kurvigen traßen in unberührten Landschaften und dicken Kisten, die vor putzigen Tierchen bremsen. Diese Fehlinvestitionen müssen ja schließlich wieder rein. Wie bitte? Die Manager selber sollen dafür gerade stehen? Die Stützen unserer Gesellschaft? So weit kommt das noch!
Größter Haken der Autoprämie: Wer kein Auto hat, geht leer aus. Aber so einer ist womöglich irgend so ein Weltverbesserer, der aus Prinzip kein Auto fährt und niemals eine ordentliche Partei, als CDU oder SPD, wählen würde. Ökofreak, Gerechtigkeitsfanatiker. Wahrscheinlich ein Linker. Mindestens ein Grüner. Für die Große Koalition unerreichbar. Und wer sich ein Auto einfach nicht leisten kann, fällt als eifriger Konsument zur Aufpäppelung der Konjunktur aus. Kriegt ergo auch keine Prämie.
Perfide? Perfide! Wir sollten alle darauf verzichten, uns nicht abspeisen lassen mit einer Abwrackprämie, wir Bürger, die wir baff erleben, wie Führungskräfte sich bereichern, wegducken und uns dann auch noch aus einer Krise zu helfen vorgeben, die sie selber mitverschuldet haben. In der Wirtschaft wie in der Politik. Gibt’s nur eins: Her mit der Abwrackprämie für korrupte Manager und abgewirtschaftete Regierungen!
Charima Reinhardt, freie Autorin, war Vizesprecherin der
rot-grünen Bundesregierung